Schritt für Schritt

„Hast du jemals deine Periode bekommen und gedacht: ‚Nun, das erklärt eine Menge‘.“

Was meine Periode betrifft bin ich zwiegespaltener Meinung. Auf der einen Seite freue ich mich jedes Mal über sie, denn nichts vermittelt mir mehr Bewusstsein für meinen gesunden, weiblichen Körper. Meine Tage sind wie eine allmonatliche Bestätigung dafür, dass alles gut ist und dass ich die Verhütung in den vergangenen vier Wochen ernst genommen habe. Eine kleine Genugtuung für mein hypochondrisches Hirn. Nicht schwanger, check. (Ich weiß, dass man trotzdem schwanger sein kann…). Dennoch lässt sich die Kehrseite nicht leugnen. Die Tage vor meiner Periode gehen meistens mit schwankenden Launen einher, die weniger mich und mehr mein Umfeld auf die Probe stellen. Ich spreche kaum und bin am liebsten mit mir und meinem Hormonhaushalt allein. Was die anderen wahrscheinlich begrüßen. Wenn die Blutung losgeht, habe ich starke Schmerzen, die manchmal von Migräneschüben begleitet werden. Dann liege ich flach und frage mich, nicht nur einmal, warum zum Teufel wir Frauen dieses Päckchen zu tragen haben. Ja, warum? Wahrscheinlich ist es gut so, man bedenke, wie schon ein kleiner Männerschnupfen ausarten kann…

Die Menstruation bedeutet Schmerzen. Sie bringt, in meinem Fall, Kraftlosigkeit mit sich und ist herausfordernd. Physisch, wie psychisch. Tatsache ist, Frau blutet, und zwar zwischen 30 und 70 Milliliter Blut pro Menstruation. Dieses Menstruationsblut ist die oberste Schicht der Gebärmutterschleimhaut, die sich mit dem ersten Tag der Menstruation ablöst und den Körper verlässt. Ich bin mir sicher, dass sich bei diesen Worten die ein oder andere Nase gerümpft hat. Muss das denn sein und jede Einzelheit beim Namen genannt werden? Das ist schon ein bisschen eklig. Ja, es muss und nein, ist es nicht. Die Menstruation ist etwas ganz Natürliches und wer das Wort Schleimhaut oder Blut eklig findet, sollte sich wirklich die Frage stellen, welche Körperteile er, oder sie, schon liebkost- und dabei Lust empfunden hat. Naja.

Ich weiß noch, dass ich mich früher für meine Regelblutung geschämt habe. Die Menstruation war etwas Schmutziges, etwas, worüber nicht gesprochen wurde. Tatsächlich erinnere ich mich nicht an eine Unterrichtsstunde, in der uns Mädchen das Gegenteil vermittelt wurde, beziehungsweise uns heranwachsenden Erwachsenen erklärt wurde, was es mit der monatlichen Blutung eigentlich auf sich hat. Man könnte annehmen, dass der Biologieunterricht sich für so etwas anbieten würde. Schließlich gibt es ja „Sexualkunde“. Aber ja, es wurde kurz über das korrekte Anziehen eines Kondoms gesprochen, dann wurden Barbie und Ken aufeinander gerieben und dann waren wir bereit für unser Liebesleben. Woher soll also das Verständnis für die Bedeutung der Menstruation kommen und wie soll man sich wohlfühlen, bei dem Gedanken, dass man einmal im Monat blutet. Ich zumindest fühlte mich nicht wohl dabei.

Ich wollte nicht, dass der Tamponfaden irgendwo raushing, oder ein Blutfleck auf meinem Hosenboden zu sehen war. Wenn ich ein Date hatte und dieses auf den Zeitraum meiner Periode fiel, hatte ich von vorneherein ein schlechtes Gewissen, denn sämtliche sexuelle Aktivitäten wurden im Keim erstickt. Und ich gab mir die Schuld daran…, schließlich war ich diejenige, die blutete und der arme Mann kam nicht auf seine Kosten. Ich muss zugeben, dass diese Gedanken des schlechten Gewissens bis heute auftreten können. Das ärgert mich sehr, aber so ist es. Vor ein paar Monaten war es wieder so weit. Ich hatte ein romantisches Wochenende vor mir und bekam den Satz zu hören: „Hoffentlich hast du nicht deine Periode, während wir unterwegs sind!“ Mir wurde damit kommuniziert: „Wehe du blutest, wie sollen wir dann bitte schön auf unsere (sexuellen) Kosten kommen, reiß dich bitte zusammen!“ Als könnte ich da irgendwas unterdrücken, geschweige denn etwas dafür. Heutzutage wird mit vielen Themen offener umgegangen, als das noch vor wenigen Jahren der Fall war. Die Menstruation und das Gespräch darüber, gehören ebenfalls dazu. In diesem Zusammenhang sind Social Media ein Segen. Profile wie „erdbeerwoche“, oder „periodoftheperiod“ vermitteln auf sympathische, authentische und klare Art und Weise Informationen und Einblicke, die wichtig sind und das Selbstbewusstsein diesbezüglich stärken. Auf einmal wird die Periode zu einem Teil des eigenen Körpers, weil man sie besser einzuordnen weiß und stolz darauf ist. Die Menstruationsblutung ist Teil des Frau werdens, Teil des Frau seins, und etwas, ohne das kein Mensch auf der Welt wäre. Das sollte Frau im Hinterkopf behalten, Mann übrigens ebenso.

Auch im Sport wird die Periode immer öfter thematisiert, sei es in der Trainingsplanung, oder der Leistungsanalyse. Dass das erst jetzt geschieht und all die Jahre zuvor nicht bis wenig bedacht wurde, ist eigentlich unglaublich. Wie auch in der Medizin, und sämtlichen anderen relevanten Lebensbereichen, werden die Bedürfnisse der Frau mit denen des Mannes gleichgesetzt und diverse Unterschiede, hier hormoneller Natur, der Einfachheit halber ignoriert. Frauen mussten damit zurechtkommen und wenn die Blutung und damit einhergehende Schmerzen, oder Benachteiligungen, auf einen Wettkampf fielen, war das einfach Pech. Ich habe gerade die ganze Zeit überlegt, in welcher Zeitform ich diesen Absatz verfasse. Immerhin kann man nicht gerade behaupten, dass sich diese Problematiken im 21. Jahrhundert aufgelöst hätten. Fakt ist aber, es wird immer mehr darüber gesprochen und Erfahrungen werden ausgetauscht. Das hilft. Meinem damaligen Pubertäts-Ich zumindest hätte das einigen Kummer und einigen Selbstzweifel erspart.

Aufklärung ist das Stichwort.

Ich bin gerne Frau. Eine Frau, die ihre Werte kennt, die ihren Platz in der Welt gefunden hat und die Ziele erreichen will. Ich weiß, dass der Diskurs über die Benachteiligung von Frauen hier und da ausgereizt wird und Männer unter einen teuflischen Kamm geschert werden. Aber es lässt sich nun mal nicht verleugnen: Frauen sind auch in einer vermeintlich modernen Gesellschaft, wie der unsrigen, in zu vielen Bereichen benachteiligt. Es ist wichtig, dass die Sportindustrie einen Schritt auf Athletinnen zumacht und dass Produkte auf den Markt kommen, die dank zusätzlicher Einlagen oder Ähnlichem, für mehr Komfort und mehr Sicherheit beim Training während der Periode sorgen. Wer die ganze Zeit über Blutflecken auf der Hose nachdenkt, hat den Kopf im Schritt, aber nicht beim Training. Peinlichkeiten wie die „Pinky Gloves“ haben jedoch leider verdeutlicht, dass zu viele Menschen zu wenig Ahnung von der Menstruation und ihrer Bedeutung haben und sie zu oft als ekliges Ärgernis abgetan wird. Ich persönlich finde, das darf nicht sein und freue mich über jede Meinung und jede Stimme, die diesbezüglich laut wird und auf diverse Missstände aufmerksam macht.

Ladies! Hoch die Menstruationstassen und ein Hoch auf uns Frauen, wir haben es verdient!