Hitze

Wie jeden Morgen sitze ich mit einem Kaffee vor meinem Laptop und überfliege verschiedene Artikel aus der Wochenzeitung „die Zeit“. Heute bliebt mein Blick bei einer Sammlung über die extreme Hitze der vergangenen Tage hängen. Es geht nicht nur darum, sondern ganz allgemein um den Klimawandel und dessen verheerende Auswirkungen und Folgen. Ich verliere mich in den Worten über neue Temperaturrekorde, Wetterphänomene wie El Niño, Überschwemmungen, unbewohnbare Erdteile, kurz: ein Horrorszenario am Nächsten, gemacht durch Menschenhand und über Jahrhunderte zugespitzt. Seitdem ich in Chamonix wohne sehe ich den Mont Blanc jeden Tag vor mir. Er liegt ruhig und wunderschön da, wie ein schrumpfendes Mahnmal, das an Vergänglichkeit erinnert und daran, was uns in Zukunft erwartet. Jeden Tag sehe ich diesen leidenden Riesen vor mir und frage mich, wie lange er der Hitze noch standhalten kann und wie lange er meinen Ausblick noch so spektakulär macht. Er ist ein Opfer des Klimawandels – ein Opfer des Menschen und dessen Unersättlichkeit.

Ausnahme oder neue Normalität?

Jahr für Jahr wird es heißer, das Klima immer gefährlicher für den Menschen und alles Leben auf der Erde. In Deutschland werden neue „Hitzefrei- und Siesta Regelungen“ diskutiert. Zurecht, da Temperaturen Werte von über 38 Grad erreichen und sogar übersteigen. Bisher nur vereinzelte Ausnahmen, während in Italien oder Teilen Amerikas mancherorts Temperaturen von über 40 Grad gemessen wurden und das über mehrere Tage hinweg. Ein Trend, der laut „der Zeit“ und anderen Medien anhalten – und sogar an Hitze  zunehmen wird. Ausnahmen, oder neue Normalität? Wenn ich mir die Artikel aus der Zeit durchlese, wohl eher Letzteres. Ein schlimmer Gedanke.

„Schau dir diese Hagelkörner an… wenn die dich erwischen, hast du mindestens eine Platzwunde am Kopf.“

Das Wetter hier in Chamonix ist seit einigen Tagen sehr unberechenbar. Immer wieder schieben sich dichte Gewitterwolken über die Berggipfel – manchmal entladen sie sich, oft ziehen sie weiter. Ich mag Sommergewitter sehr, aber im Vergleich zu damals nehmen sie nicht nur in ihrem Vorkommen zu, sondern auch in ihrem Ausmaß. Vor ein paar Tagen war es mal wieder so weit. Hagelkörner, so groß wie Murmeln, trommelten auf den Boden und blieben liegen wie Schnee. Mitten im Juli. Nur, um kurz darauf von der Sonne und ihren heißen Strahlen weggetaut zu werden. Das Wetter dieser Tage ist in seiner Wechselhaftigkeit so unvorhersehbar geworden, dass Planungen oft schwierig sind. Ganz besonders in den Bergen, wo ein Gewitter so plötzlich aufziehen kann, dass Schutz und Unterschlupf unmöglich werden.

Neue Herausforderungen für den Outdoorsport

In Zeiten wie diesen, in denen das Wetter und der Klimawandel zurecht einen großen Teil medialer Berichterstattung einnehmen, stelle ich mir immer wieder die Frage, welche Lösungen es diesbezüglich im Trailrunning geben muss. Sollten die Temperatuten über die Jahre weiter zunehmen, könnten die Wettkämpfe in den Sommermonaten – also in der Hauptsaison – in Zukunft ganz anders aussehen, wie noch heute. Bei Temperaturen von bis zu 40 Grad wäre ein mehrstündiger Laufevent nicht nur wahnsinnig riskant, sondern auch tödlich. Die Startzeit müsste in die frühen Morgenstunden verschoben werden, zahlreiche Verpflegungs- und Wasserstellen zur Verfügung stehen und das Hitze-Kit, bestehend aus Kopfbedeckung, Sonnenbrille und Sonnencreme Teil der Pflichtausrüstung sein. Für Distanzen zwischen 20 und 60 Kilometern machbar. Für Ultradistanzen – Rennen, die durch die Nacht gehen, kommen zahlreiche Herausforderungen hinzu.

Wie wird Outdoor-Sport in Zukunft aussehen? Beginnt die Saison dann bereits im Frühjahr, macht eine lange Sommerpause, bis sie dann im Herbst weitergeht? Inwieweit können Events geplant werden, wo doch das Wetter immer wechselhafter wird und damit unberechenbar? Wie oft müssen Rennen diesbezüglich unterbrochen – oder gar abgesagt werden – ein Verlustgeschäft, und welche Temperaturen sind für einen Wettkampf und einen Menschen unter körperlicher Anstrengung tragbar? Inwieweit kann Kleidung dabei hilfreich sein und auf welche Innovationen von Seiten der Sportindustrie können wir hoffen? Nein, es wird nicht einfach werden auf all diese Fragen Antworten zu finden. Wobei bei all den Entwicklungen durch klimatische Extreme wohl die Anpassung des Outdoor-Sports eine vergleichsweise leichte Übung werden wird. Ein Wettlauf gegen die Zeit…ob es da eine Carbon-Lösung gibt? Fraglich.